Tinnitus und Stress: Wie die Psyche Ohrgeräusche beeinflusst

Tinnitus: Frau leidet unter Stress während der Arbeit.

Unsere Welt ist schnelllebig und zuweilen sehen wir uns vor besondere Herausforderungen im Berufs- und auch Privatleben gestellt. Sind wir solchen psychischen Belastungen dauerhaft ausgesetzt, steht der ganze Körper unter Druck und Anspannung. Dieser anhaltende Stress scheint einen Tinnitus auszulösen oder gar verstärken zu können. Mehr zu den Zusammenhängen und zur Behandlung der stressbedingten Ohrgeräusche.

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Wie hängen Stress, Depression und Tinnitus zusammen?

Psychische Belastungen in Beruf und Alltag können für uns schädlich oder förderlich sein. Entscheidend ist, wie wir mit diesem Druck umgehen, was wiederum von unseren sehr individuellen psychischen Voraussetzungen abhängt. Dazu zählen zum Beispiel unsere Möglichkeiten, diese Belastungen zu bewältigen, unser Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten oder unser allgemeiner Gesundheitszustand. Fachleute sprechen auch von den individuellen Ressourcen.

Die Folgen von Stress auf den Körper

Erst wenn Ressourcen und Belastungen nicht mehr im Gleichgewicht sind, resultiert eine psychische Beanspruchung in Form von Ermüdung oder Stress. Letzterer ist dabei definiert als unangenehm empfundener Zustand, den wir als bedrohlich, kritisch und unausweichlich erleben.

Stress wiederum kann zu hohem Blutdruck, nervösen Magenschmerzen, sinkender Leistung oder Ängsten führen. Besteht dieses Ungleichgewicht dauerhaft, ist es möglich, dass sich psychosomatische Störungen entwickeln, oder eben auch ein Tinnitus.

Der Tinnitus kann in der Folge auch den Stress verstärken, so dass ein Teufelskreis entsteht. Oft ist also das Ohrenrauschen das Ergebnis einer längeren, ungesunden Entwicklung, bei der unsere Ressourcen dauerhaft nicht ausreichen, um den Anforderungen unserers Lebens gerecht zu werden.

Tinnitus und Stress bedingen sich gegenseitig

Bei einem Tinnitus nehmen Betroffene summende, klingende, dröhnende, zischende oder pfeifende Ohrgeräusche wahr. Diese sind in der Regel nicht gefährlich, dennoch kann ein Tinnitus sehr belastend sein und die Lebensqualität stark einschränken.

Das gilt insbesondere dann, wenn die Dauertöne nicht mehr weggehen und sich ein chronischer Tinnitus entwickelt. Das bedeutet für Betroffene oftmals Stress, weil er mit großer Hilflosigkeit einhergeht. Anders ausgedrückt: Uns fehlen die Ressourcen, um damit adäquat umzugehen. Der Lärm im Ohr und das Erleben von Hilflosigkeit können zu Schlafproblemen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Störungen des Magen-Darm-Traktes führen.

Mehr zum chronischen Tinnitus

Entsprechend gehen Mediziner davon aus, dass psychische Faktoren die Entwicklung der Ohrgeräusche begünstigen können, da sie auch Einfluss darauf haben, wie stark Betroffene diese wahrnehmen, darunter leiden und schließlich einen chronischen Tinnitus entwickeln.

In diesem Sinne ist Tinnitus keine spezifische und abgegrenzte Erkrankung, sondern tritt häufig im Zusammenhang mit Depressionen oder Angsterkrankungen auf. Dabei kann dies eine Folge der Ohrgeräusche sein, ebenso können eine depressive und ängstliche Verfassung eines Patienten die Entwicklung eines Tinnitus verstärken.

Schweregrad des Tinnitus

Mediziner unterteilen die Ohrgeräusche, je nach Ausprägung und Leidensdruck, in vier Schweregrade:2

  1. Grad 1: Der Tinnitus ist gut kompensiert. Das bedeutet, er wird kaum wahrgenommen und es besteht kein Leidensdruck.
  2. Grad 2: Die Ohrgeräusche fallen hauptsächlich bei Ruhe und Stille auf, sie wirken bei Stress und Belastungen störend.
  3. Grad 3: Der Tinnitus führt zu einer dauerhaften Beeinträchtigung im privaten und beruflichen Leben. Es treten Störungen im emotionalen, kognitiven und körperlichen Bereich auf.
  4. Grad 4: Der Tinnitus kann nicht mehr kompensiert werden, es kommt zu schweren Beeinträchtigungen der Lebensqualität

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Behandlung von Tinnitus und Stress

Da Stress und psychische Belastung einen Tinnitus mitunter verstärken können, gilt die Reduzierung von emotionaler Anspannung als wichtiger Baustein der Tinnitus-Therapie bzw. Behandlung. Ein gesundes und für den Patienten individuell funktionierendes Stressmanagement ist hier gefragt. Scheue Dich nicht, auch professionelle und ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen – vor allem, wenn das "Rauschen im Kopf" im Zusammenhang mit Depressionen oder Erschöpfungszuständen auftritt.

Zum Stressmamangement bei Tinnitus gehören viele Aspekte. Zum einen solltest Du Deine psychischen Belastungen reduzieren, zum anderen Deine Fähigkeiten (Ressourcen) stärken, mit Belastungen umzugehen. Die Kalmeda Tinnitus-App  zielt vor allem darauf ab, die individuellen Ressourcen des Patienten zu stärken. Eine wichtige davon ist die Fähigkeit, sich zu entspannen.

Mit Entspannungsmethoden und Stressmanagement gegen den Tinnitus

Ruhe, Pausen und ausreichende Erholung sollten feste Bestandteile Deines Alltags sein. Versuche, diese Entspannungszeiten regelmäßig einzubauen und auch konsequent umzusetzen. Wenn Du Dich in einer akuten Tinnitus-Stress-Phase befindest, kann es zudem hilfreich sein, sich eine Auszeit zu gönnen und Maßnahmen zur Selbsthilfe durchzuführen. Sprich mit Deinem Arzt, gegebenenfalls wird er Dich krankschreiben.

Eine Entspannungsübung für zwischendurch:3

  • Setze Dich aufrecht, aber locker, auf einen Stuhl mit Lehne.
  • Achte auf einen weichen, entspannten Bauchraum, der sich im Rhythmus des Atems leicht mitbewegt.
  • Die Hände legst Du ruhig auf die Oberschenkel und die Schultern bleiben locker und senken sich leicht.
  • Mit der Senkbewegung solltest Du spüren, wie sich der Raum zwischen den Ohren und Schultern vergrößert, der Nacken länger wird und der sich Kopf streckt.
  • Widme Dich Deiner Gesichtsmuskulatur, schließe die Augen und achte auf eine entspannte Stirn, lass Deine Zunge lose im Mundraum und die Lippen ohne Anspannung aufeinander liegen.
  • Hebe die Zähne leicht an, wenn sie aufeinandergepresst sind.
  • Spüre Deinen Atem, wie er in Dich und aus Dir hinaus fließt und lasse Deine Gedanken gleichermaßen kommen und gehen.

Dauer: Die Übung kannst Du so lange durchführen, wie Du sie als angenehm empfindest.

Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung und Yoga sind Techniken, die wesentlich zur Entspannung beitragen und so Stress und Tinnitus-Beschwerden lindern können. Es gibt zu den Techniken verschiedene Ratgeber, aber auch zahlreiche Videos im Internet wie die der Tinnitus-Sprechstunde. Oder Du lässt Dir entsprechende Übungen von geschulten Trainern im örtlichen Sportverein, in einem Volkshochschulkurs oder im nächstgelegenen Gesundheitszentrum zeigen.

Hilfe bei Tinnitus Kalmeda: Die Tinnitus-Therapie

Akustische Maßnahmen, Entspannungsübungen und kognitive Verhaltenstherapie: Die Kalmeda-App unterstützt Dich bei der Tinnitus-Bewältigung!

Des Weiteren gibt es auch eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA), welche das Tinnitus-und Stressmanagement noch leichter in den Alltag integriert. Die Kalmeda Tinnitus-App basiert auf der kognitiven Verhaltenstherapie und erleichtert mit speziellen Übungen den Umgang mit Deinem Tinnitus und Stress. Darüber hinaus, gibt es noch weitere Tipps, die Du im Alltag berücksichtigen kannst:

  • Ausreichend Schlaf ist wichtig und trägt ebenfalls zum Stressabbau bei. Der Schlafbedarf des Menschen ist individuell verschieden, weshalb es keine allgemeingültige Empfehlung zur Dauer gibt. Bei den meisten Personen laufen jedoch in sechs bis sieben Stunden alle notwendigen und erholsamen Schlafstadien ab.4 Oft ist das Einschlafen mit Tinnitus bereits ein Problem. Einschlaftipps bei Tinnitus sind zum Beispiel Entspannungsübungen vor dem Zubettgehen oder ein entspannendes Bad.
  • Der Konsum von Nikotin, Koffein und Alkohol sollte möglichst reduziert, im Idealfall eingestellt werden. Diese Mittel wirken sich negativ auf das Nervensystem aus, beeinträchtigen so den erholsamen Schlaf und verschlechtern mitunter den Tinnitus. Zudem steigt die Gefahr der Abhängigkeit, besonders in akut stark belastenden Lebensphasen, beispielsweise wenn Alkohol als Schlafmittel genutzt wird.
Tipp

Tinnitus ist wie ein innerer Seismograph Deiner Empfindungen und Deiner Belastung, der andeuten kann, wenn Du zu viel Stress hast. Die Ohrgeräusche können als Aufforderung verstanden werden, etwas an Deiner Lebenssituation zu verändern. Ein großer Schritt sollte demnach sein, die Hinweise, die uns der Körper sendet, wahrzunehmen und zu akzeptieren.

Ein weiterer wichtiger Rat lautet: Stärke die Haltungen in Dir, die Dir Energie geben und eine auf Deine Bedürfnisse ausgerichtete Lebensführung unterstützen. Letztlich entscheidet Deine persönliche Einstellung, wie sehr der Tinnitus Dein Leben bestimmt – oder gar übertönt.

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Erster Ansprechpartner bei einem Tinnitus ist in der Regel der Hals-Nasen-Ohrenarzt, der eine entsprechende Diagnose stellen und die Therapie einleiten kann. Bei der Suche nach einem passenden Tinnitus-Experten kann unsere Arztsuche helfen. Vereinbaren Sie gleich einen Arzttermin
Wenn der Tinnitus im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen wie einer Depression auftritt, sollte ein weiterer Fachmann (Psychiater oder Psychotherapeut) hinzugezogen werden.

Zudem empfiehlt die aktuelle Leitlinie bei einem chronischen Tinnitus eine kognitive Verhaltenstherapie, bei der Betroffene lernen, besser mit den ständigen Ohrengeräuschen umzugehen. Diese werden von Verhaltenstherapeuten (Psychologen mit entsprechender Ausbildung) oder als App angeboten.

So funktioniert die Verhaltenstherapie

Wann Du unbedingt einen Mediziner aufsuchen solltest:

Es gibt Symptome, die Du als Warnsignale ernst nehmen und Dich an einen Arzt wenden solltest. Im Falle, dass Du bei Dir ein

  • eingeschränktes Hörvermögen oder
  • pulsierende Ohrgeräusche wahrnimmst.

Mit Gleichgesinnten austauschen

Betroffenen kann es helfen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Eine Möglichkeit bieten Selbsthilfegruppen: Hier erfahren Tinnitus-Geplagte Verständnis für die eigenen Probleme und werden ernst genommen.

Unter der Website der Deutschen Tinnitus-Liga e.V. findest Du Selbsthilfegruppen in Deinem Ort oder Deiner Region.