Tinnitus: Folgen und Auswirkungen des Ohrensausens

Mann hält sich das Ohr, weil er mit Folgen und Auswirkungen seines Tinnitus zu kämpfen hat.

Die einen empfinden das Pfeifen und Piepsen im Ohr nur als lästig. Andere beeinflusst es derart in der Lebensqualität, dass sogar die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt wird. Die Einschränkungen sind je nach Schweregrad unterschiedlich. Lies hier mehr zu den Folgen und Auswirkungen des Tinnitus.

Welche Folgen treten bei Tinnitus auf?

Das Leitsymptom des Tinnitus ist ein ständiges Rauschen, Brummen oder Summen im Ohr. Mediziner teilen die Hörstörung nach Schweregrad und Kompensation (Ausgleichsmöglichkeit) ein. Personen mit leichten bis mittelschweren Beschwerden können ihren Alltag in der Regel gut bewältigen. Lediglich bei Stress und Belastungen oder auch in kompletter Stille leiden Betroffene unter den Ohrgeräuschen.1 Auswirkungen des Ohrgeräusches nehmen sie im täglichen Leben wenig wahr und sind für sie kaum störend.

Bei einem schweren bis sehr schweren Tinnitus beeinflusst das ununterbrochene Rauschen im Ohr dauerhaft sämtliche Lebensbereiche.2  Es kommt zu emotionalen, geistigen (kognitiven) und körperlichen Störungen, die das private ebenso wie das berufliche Leben stark einschränken. Die Tinnitus-Folgen sind dementsprechend immens.
 

Auswirkungen durch Begleiterkrankungen

Ohrenpfeifen geht oft mit vielen gesundheitlichen Beeinträchtigungen einher, die den Tinnitus oftmals erst behandlungsbedürftig machen. Leidtragende beklagen häufig Angststörungen, Depressionen und Schlafprobleme.3

Weitere begleitende Erkrankungen des Tinnitus sind :

  • Überempfindlichkeit des Hörsystems (Hyperakusis)
  • Einschlaf- und Durchschlafprobleme
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Stimmungsschwankungen

Die Beschwerden bestehen manchmal schon vor den Ohrgeräuschen. Sie können sich aber auch als Folge des Tinnitus entwickeln und beeinträchtigen den Alltag einschließlich der Arbeit erheblich. Des Weiteren treten bei der Erkrankung gleichzeitig oft Dysbalancen (Fehlhaltungen) in der Halswirbelsäule, Muskelverspannungen in Kiefer und Kaumuskulatur, Zähneknirschen sowie Kopfschmerzen auf.
 

Wusstest Du schon? 

11 Millionen Menschen in Deutschland haben einen Tinnitus und müssen mit den Folgen sowie Auswirkungen zurechtkommen.4 Etwa 1,5 Millionen Betroffene können die Tinnitus-Folgen nicht ausgleichen und leiden besonders ausgeprägt unter den Auswirkungen.5

Tinnitus ist oft die Folge eines Hörsturzes oder tritt als Begleitsymptom bei diesem auf.6 Ein Hörsturz ist gekennzeichnet durch eine plötzlich aufkommende Hörminderung oder einen vollständigen Hörverlust. Meistens ist nur ein Ohr betroffen – ein Ohrenrauschen ist typisch. Als Auswirkung des Hörsturzes bleibt bei einem Großteil der Betroffenen auch langfristig ein Tinnitus zurück.7 Sowohl Tinnitus Betroffene als auch Hörsturz Geplagte teilen so häufig die gleichen Folgen und Auswirkungen im Alltag, wie beispielsweise das Meiden von Konzerten wegen der lauten Lärmbelastung.

Welche Folgen hat Tinnitus auf die Lebensqualität?

Je nachdem, wie stark die Ohrgeräusche sind und welchen Behandlungserfolg es gibt, führen Betroffene ein nahezu normales Leben oder bestreiten erheblich eingeschränkt den Alltag. Personen mit Tinnitus nehmen den Leidensdruck sehr unterschiedlich wahr. Einige filtern das Surren und Dröhnen im Ohr erfolgreich raus   und haben daher kaum Beeinträchtigungen ihrer Lebensqualität. Andere Leidtragende können ihrer gewohnten Routine nicht nachgehen, benötigen häufig eine Krankschreibung oder sie werden dauerhaft arbeitsunfähig.8

Ein erholsamer Schlaf ist wichtig für die Leistungsfähigkeit und Lebensfreude im Alltag. Tinnitus löst häufig Schlafstörungen aus, die sowohl das Ein- als auch Durchschlafen betreffen. Die Gabe des Schlafhormons Melatonin hat in Studien zum Teil Verbesserungen gezeigt, die Datenlage ist aber unzureichend.9Tipp: Bei Einschlafproblemen kann leise, entspannende Musik helfen und vom Ohrensausen ablenken.

Auswirkungen auf das soziale Umfeld

In über 90 Prozent der Fälle beklagen Betroffene als Tinnitus-Folge ein eingeschränktes Hörvermögen.10  Der verminderte Hörsinn bei Tinnitus führt zu vielfältigen Auswirkungen auf das gesamte private und berufliche Leben. Eine begleitende Schwerhörigkeit kann die Kommunikation mit Tischnachbarn im Restaurant, Kollegen im Büro und Freunden im Biergarten erheblich beeinträchtigen. Dies bewirkt ein entsprechendes Vermeidungsverhalten bis hin zu sozialem Rückzug.

Bei manchen führt die Schallüberempfindlichkeit des Ohrs darüber hinaus dazu, laute Umgebungen zu meiden, da sie die dortige Lautstärke als unangenehm empfinden. Diese Folge trifft auch auf viele Personen nach einem Hörsturz zu. Der Verzicht auf Konzerte, Clubbesuche sowie Feiern verstärkt die soziale Isolierung. Dies stellt häufig auch eine Belastungsprobe für die Partnerschaft und Familie dar. Rücksichtnahmen und Verständnis erhalten Leidtragende meist erst, wenn sie die Hintergründe erklären. Gemeinsame Gespräche und das Finden von Kompromissen kann helfen – zum Beispiel ein verbindendes Essen in ruhiger, geräuscharmer Umgebung zu Hause statt im Restaurant.

Auch bei anderen Tinnitus-bedingten Partnerschaftsproblemen hilft ein offenes Gespräch. In einigen Fällen kann ein Hörgerät die Beziehung und das Liebesleben verbessern, da Tinnitus Patient und Partner sich im wahrsten Sinne des Wortes wieder besser verstehen. Das ständige Brummen und Klingeln im Ohr ist jedoch oft so belastend, dass die Lust am Miteinander, auf Zärtlichkeit und Sexualität sinkt.   Es fällt dann schwer, Nähe in Beziehungen zuzulassen und dem Partner die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Sprecht offen über Eure Wünsche, Sorgen und Bedürfnisse, um Hindernisse zusammen aus dem Weg zu räumen und einen Umgang mit der neuen Situation zu finden.

Mann liegt wach im Bett und kann aufgrund der Folgen und Auswirkungen seines Tinnitus nicht mehr schlafen.

Mit Tinnitus leben

Hier findest Du Tipps für den Alltag, um mit den Folgen und Auswirkungen eines Tinnitus besser zurechtzukommen: 

  • Extremen für das Ohr ausweichen – hohe Lärmbelästigung stören bei Tinnitus.  
  • Absolute Stille meiden, insbesondere wenn Du zur Ruhe kommen möchtest.
  • Ablenkung hilft immer – auch bei Ohrenklingeln und -sausen ist sie ein bewährtes Mittel.
  • Regelmäßige Bewegung ist optimal für die (Ohr-)Gesundheit.
  • Gute Schlafhygiene einhalten – dazu gehören Schlaf- und Einschlaftipps, wie regelmäßige Zubettgehzeiten; ein gut temperiertes, dunkles und ruhiges Schlafzimmer; ausreichend Schlaf sowie Verzicht auf Nikotin, Kaffee, Alkohol, üppige Mahlzeiten und elektronische Medien vor dem Zubettgehen.
  • Entspannungsmethoden zur Stressreduktion erlernen (zum Beispiel mithilfe der Kalmeda-App) und Selbsthilfe-Methoden durchführen.
  • Spezielle Hörgeräte, sogenannte Rauschgeneratoren oder Noiser, können die Ohrgeräusche überdecken. Sie erhalten allerdings eine klare Nicht-Empfehlung in der aktuellen S3-Leitlinie Chronischer Tinnitus.11
  • Kalmeda, die digitale Tinnitus-App auf Rezept, unterstützt Dich dabei, das Ohrensausen in den Griff zu bekommen. Sie beinhaltet eine nachweislich wirksame Tinnitus-Therapie auf Basis der kognitiven Verhaltenstherapie und bietet viele hilfreiche Funktionen wie beispielsweise Entspannungsgeräusche. Verschiedene Formen von Verhaltenstherapien erhalten eine starke Leitlinien-Empfehlung bei chronischen Tinnitus.12

Welche Auswirkungen hat Tinnitus auf die Psyche?

Häufig finden sich psychische und psychosomatische Begleiterkrankungen wie Anpassungsstörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen bei Personen mit Tinnitus.13 Bei psychosomatischen Krankheiten verursachen seelische Belastungen körperliche Beschwerden oder verstärken sie. Darmprobleme, chronische Schmerzen, Herzrasen und Tinnitus sind typische Beispiele. Auch nach einem Hörsturz treten als Folge Angst, Probleme bei der Krankheitsbewältigung und psychosomatische Erkrankungen vermehrt auf.14 Depressionen und andere seelische Beeinträchtigungen können das Risiko für Ohrgeräusche erhöhen und die Beschwerden verschlechtern. Sie beeinflussen die Tinnitus-Folgen erheblich, denn die Belastung im Alltag und bei der Arbeit hängt oftmals mit der Ausprägung dieser Begleiterkrankungen zusammen.

Stress spielt bei der Erkrankung eine erhebliche Rolle, da er sowohl eine Ursache des Tinnitus ist als auch seinen Verlauf bestimmt. Die verstärkte Ausschüttung des Stresshormons Kortisol kann zu Schädigungen im Ohr und damit zu der Hörstörung führen.15

Daher ist in der Therapie die Stressreduktion eine wesentliche Säule. Medikamente zur Behandlung von Depressionen und Angsterkrankungen mindern die Stressbelastung. Das Erlernen von Techniken der Stressverarbeitung und von Entspannungsverfahren hilft, mit den Tinnitus-Folgen und Auswirkungen besser klarzukommen. Kalmeda setzt als mobile kognitive Verhaltenstherapie genau hier an: In fünf Etappen lernen die Nutzer wie sie zum Beispiel bei Stress ruhiger bleiben, Entspannung in ihren Alltag integrieren, Vertrauen in sich und ihre Fähigkeiten entwickeln oder ihre eigenen Stärken gezielter einsetzen.

Mehr zu Stress bei Tinnitus
 

Tinnitus: Eine Folge der Corona-Pandemie?

Klar ist: Psyche und Tinnitus beeinflussen sich gegenseitig. Mentale Belastungen können einen vorhandenen Tinnitus noch verschlimmern. Im Gegenzug schlägt das leidige Ohrgeräusch, insbesondere bei dauerhaftem Vorliegen, auf das Gemüt – ein Teufelskreis entsteht.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass Angst und Stress während der COVID-19-Pandemie in der Bevölkerung häufig vorkamen.16  Vor allem Frauen und junge Erwachsene empfanden ihren bestehenden Tinnitus in dieser Zeit als störender im Vergleich zu vor den Lockdowns. Das zeigt einmal mehr: Nicht-auditive Faktoren wie emotionaler Stress sind durchaus in der Lage, ein vorliegendes Ohrgeräusch auszulösen oder sogar zu verschlimmern.

2020 ergab eine Studie mit über 3.000 Teilnehmern aus 48 vorwiegend europäischen und nordamerikanischen Ländern, dass sich bei 40 Prozent der Personen die Tinnitus-Beschwerden während der Pandemie verschlechtert haben.17  Besonders die Selbstisolation (sogenanntes „Social Distancing“) führte bei vielen zu negativen Auswirkungen: Als Einflussfaktoren für die verstärkten Ohrgeräusche nannten sie

  • Bewegungsmangel,
  • Schlafprobleme,
  • vermehrte Kinderbetreuung und
  • Alleinsein.18

Insbesondere für Alleinerziehende und Familien hat COVID-19 den Alltag erschwert. Die Lockdowns führten zu mehr Stress und Überlastung. Bewältigungsstrategien, die normalerweise täglich zum Einsatz kamen, konnten unter Umständen durch Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen nicht mehr angewendet werden.

Eine internationale Arbeitsgruppe stellte im Zuge der Auswertung von 33 Publikationen sogar fest, dass die Pandemie-bedingte Stressbelastung auch einen erstmaligen Tinnitus hervorrufen kann: Die Wahrscheinlichkeit sei um acht Prozent erhöht.  Britische Forscher wiederum erkannten einen direkten Zusammenhang zwischen einer Corona-Infektion und dem Auftreten der Ohrgeräusche: 14,8 Prozent der Probanden berichteten von einem Piepen im Ohr als Symptom ihrer COVID-19-Erkrankung.20
 

Tinnitus und Corona-Impfung

Mit Aufkommen der Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus fragten sich einige Personen, ob die Impfung sich negativ auf einen bestehenden Tinnitus auswirken oder sogar ein neues Ohrensausen verursachen kann. Fakt ist: Bisher gibt es keinerlei seriösen wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang zwischen Impfung und Hörstörung vorliegt – egal, um welchen Impfstoff es sich handelt.

Vor diesem Hintergrund ist alarmierend, dass die Coronapandemie weltweit zur Zunahme von psychischen Belastungen und Stress geführt hat. Der Betriebskrankenkassen-Gesundheitsreport stellte 2021 fest, dass 35,7 Prozent der Befragten ihre psychische Gesundheit durch die Coronapandemie negativ beeinflusst sehen.14  Die Lockdowns und Schulschließungen haben insbesondere für Alleinerziehende sowie Familien den Alltag erschwert. Sie führten zu vermehrtem Stress und Überlastung. Auch für Tinnitus-Betroffene hat sich der Tagesablauf durch Kontakt- und Ausgansbeschränkungen verändert. Bewältigungsstrategien, die normalerweise täglich zum Einsatz kamen, konnten unter Umständen nicht mehr angewendet werden. Trotzdem zeigten Studien ein gemischtes Bild: Für Manche nahm die Tinnitusbelastung im Pandemie-Alltag zu, andere bemerkten keine Veränderungen.15

Da ein Tinnitus auch zu sozialer Isolierung führen kann, verstärkt das in Pandemiezeiten geforderte „social Distancing“ bei Betroffenen möglicherweise das Vermeidungsverhalten.

Auswirkungen auf die Arbeit

Berufliche Folgen erleben vor allem Tinnitus-Betroffene mit schwerem oder sehr schwerem Verlauf. Sie können die Auswirkungen des Tinnitus im Joballtag unzureichend kompensieren, sodass längere Krankheitsausfälle bis hin zur Berufsunfähigkeit drohen.

Tinnitus – wann ist eine Krankschreibung sinnvoll?

Beim Arzt kannst Du Dir bei den entsprechenden Auswirkungen des Tinnitus oder Hörsturzes eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen lassen. Dies ist auch schon bei leichteren Fällen hilfreich, um Abstand von beruflichen Belastungen zu gewinnen. Einige Tage Ruhe reichen bei manchen Betroffenen bereits aus. Insbesondere bei Stress-bedingtem Ohrgeräuschen wird Dir die kleine Auszeit durch Krankschreibung gut tun.

So unterschiedlich die Herausforderungen des Ohrensausens sind, so individuell ist die Dauer der Krankschreibung bei Tinnitus. Arbeitnehmer haben gesetzlich Anspruch auf Lohnfortzahlung bis zu sechs Wochen, wenn sie aufgrund von Tinnitus-Folgen arbeitsunfähig sind.16

Solltest Du besonders in Ruhe unter dem ständigen Zirpen und Brummen im Ohr leiden, ist eine Krankmeldung bei Tinnitus aber unter Umständen kontraproduktiv. Denn häufig provoziert Stille dann erst recht die Geräusche. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf das Ohrengeräusch geht oft mit einer stärker wahrgenommenen Tinnitusbelastung einher – gezielte Ablenkung hilft. Besprich die beste Strategie möglichst offen mit Deinem HNO-Arzt oder Psychotherapeuten.

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Wenn die Tinnitus-Folgen die Arbeit langfristig behindern

Gibt es keine nachhaltige Besserung der Beschwerden (chronischer Tinnitus) und führt der Tinnitus zur dauerhaften Arbeitsunfähigkeit, besteht die Option der Erwerbsminderung. Neben den Ohrgeräuschen tragen meistens die Begleiterkrankungen wie Angststörungen, Schlafprobleme, Konzentrationsmangel und Depressionen oder andere psychische Belastungen entscheidend dazu bei, dass Personen mit schwerem Tinnitus ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können. Dies kann im äußersten Fall bis hin zu einer Einstufung als Behinderung führen. 

Auch wenn eine starke Lärmbelastung, wie in manchen Branchen üblich, eine Ursache von Tinnitus darstellt, gilt er nicht als Berufskrankheit. Damit Betroffene in der Lage sind, trotz Tinnitus an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, ist es wichtig, die arbeitsmedizinischen Lärmschutzmaßnahmen zu gewährleisten und Arbeitnehmer vor Krach zu schützen.